Formfehler bei der Einreichung von Teilnahmeanträgen und Angeboten können gefährlich werden!

  1. Hat der öffentliche Auftraggeber eine elektronische Signatur als Formerfordernis festgelegt, müssen diejenigen Angebote, die nicht elektronisch signiert wurden, zwingend ausgeschlossen werden.

Angebotsausschluss bei fehlender elektronischer Signatur

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 05.09.2018 – VII-Verg 32/18

  • 53 VgV

Sachverhalt

Die Antragsgegnerin schrieb die Erbringung von Briefdienstleistungen europaweit in einem offenen Verfahren aus. Angebote waren elektronisch über die Plattform www.vergabe-online.de einzureichen. Dabei legte die Antragsgegnerin fest, dass die Angebote an den gekennzeichneten Stellen mit einer fortgeschrittener oder einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen waren. Konkret war einzig das Formblatt für ein Angebotsschreiben elektronisch zu signieren. Die Antragstellerin gab fristgerecht ihr Angebot ab. Dieses hat die Antragsgegnerin jedoch aus formalen Gründen ausgeschlossen, da das Angebot nicht elektronisch signiert wurde. Der dagegen gerichteten Rüge der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin nicht abgeholfen. In einem unter anderem gegen diesen Ausschluss gerichteten Nachprüfungsverfahren befand das OLG den Ausschluss für rechtmäßig.

Entscheidungsgründe

Das Fehlen einer geforderten elektronischen Signatur stellt nach Ansicht des Gerichts einen zwingenden Ausschlussgrund gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 3 VgV dar. Auszuschließen sind danach solche Angebote, die nicht form- oder fristgerecht eingegangen sind, es sei denn, der Bieter hat dies nicht zu vertreten (§ 57 Abs.  1 Nr. 1 VgV). Die erforderliche Form der Angebote bestimmt sich dabei nach der jeweiligen Anforderung des Auftraggebers im Einzelfall. Zwar reicht grundsätzlich die Übermittlung in Textform nach § 126 b BGB. Sollte der Auftraggeber aber wie hier erhöhte Anforderungen an die Sicherheit der zu übermittelnden Daten stellen, sind diese Anforderungen maßgeblich. Dem Einwand des Bieters, eine lesbare Erklärung, die die Person des Erklärenden erkennen lässt, genüge den verlangten Formerfordernissen, kann nicht gefolgt werden.

Eine fehlende elektronische Signatur durfte auch nicht gemäß § 56 Abs. 2 VgV als ein „sonstiger Nachweis“ nachgefordert werden. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts differenziert VgV systematisch klar zwischen der Form- und Fristmäßigkeit der Angebote (§ 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV) und deren Vollständigkeit (§ 57 Abs. 1 Nr. 1 VgV). Nur für letztere eröffnete die VgV eine Möglichkeit der Nachforderung. Hinzu kommen die Erwägungen des Gesetzgebers, wonach die nicht formgerecht eingegangenen Angebote aus Gründen der Transparenz und der Gleichbehandlung zwingend auszuschließen sind. Damit blieb das Oberlandesgericht Düsseldorf im Einklang mit seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach eine geforderte elektronische Signatur im Angebot vorhanden sein muss (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.04.2016 – VII-Verg 52/15)

  1. Ein Teilnahmeantrag kann auch dann zu Recht ausgeschlossen werden, wenn er nicht über einen vorgesehenen elektronischen Datenraum, sondern über ein sonstiges Kommunikationskanal abgegeben wurde.

Ein Ausschluss eines über einen falschen Eingabebereich abgegebenen Teilnahmeantrags

VK Niedersachen, Beschl. v. 11.12.2018 – VgK-50/2018

  • 3b EU Abs. 3 VOB/A; § 11a EU VOB/A; § 16 EU VOB/A; § 57 VgV

Sachverhalt

Die Antragsgegnerin hat einen Bauauftrag europaweit in einem Verhandlungsverfahren mit einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb ausgeschrieben. Die Teilnahmeanträge waren nach den Bestimmungen der Vergabeunterlagen ausschließlich elektronisch in einen dafür eingerichteten Projektraum einzustellen. Neben dem elektronischen Projektraum bestand ein sog. Kommunikationsbereich. Dieser diente gemäß Vergabeunterlagen zur Einreichung von Bieterfragen- und Hinweisen. Die Antragsgegnerin reichte ihren Teilnahmeantrag über den Kommunikationsbereich ein. Diesen Teilnahmeantrag schloss die Antragsgegnerin wegen eines Formfehlers nach § 57 Abs. 1 Satz 1 VgV aus und half der dagegen gerichteten Rüge der Antragstellerin nicht ab. In einem Nachprüfungsantrag argumentierte die Antragstellerin unter anderem, § 57 VgV sei auf einen hier ausgeschriebenen Bauauftrag nicht anwendbar. Der für nicht formgültig eingegangenen Angebote einschlägige § 16 EU VOB/A gelte hingegen nicht für Teilnahmeanträge, so dass keiner der Ausschlusstatbestände erfüllt ist. Die Antragsgegnerin erwiderte, der Teilnahmeantrag sei zu Recht wegen eines Formfehlers ausgeschlossen worden. Der Fehler der Antragstellerin läge darin, den Antrag nicht über die Vergabeplattform, sondern über den Kommunikationsbereich hochgeladen zu haben. Somit sei es den Mitarbeitern der Antragstellerin möglich gewesen, vom Inhalt des Teilnahmeantrags vorzeitig, d.h. vor der förmlichen Eröffnung aller eingegangenen Teilnahmeanträge nach Ablauf der Bewerbungsfrist, Kenntnis zu nehmen. Die notwendige Datensicherheit konnte dadurch nicht gewährleistet werden. Die Vergabekammer gab der Antragsgegnerin Recht und befand den Ausschluss für rechtmäßig.

Entscheidungsgründe

Nach Ansicht der Vergabekammer ist der einschlägige Ausschlusstatbestand des § 16 Nr. 2 EU VOB/A sowohl für Angebote als auch Teilnahmeanträge anwendbar. Die analoge Anwendung ergibt sich aus dem von den Urhebern der VOB/A beabsichtigten Gleichlauf zum VgV. Zudem war bei einer Einreichung eines Teilnahmeantrags über einen sog. Kommunikationsbereich die Einsichtnahme in den Antrag bereits vor Ablauf der Teilnahmefrist möglich. Ein auf diese Weise eingereichter Teilnahmeantrag war nicht ordnungsgemäß verschlüsselt, wohingegen bei der Einreichung über den Projektraum der Vergabeplattform die erforderliche Verschlüsselung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3, 4 EU VOB/A sichergestellt war. Der Ausschluss des Teilnahmeantrags der Antragstellerin war somit eine zwingende Rechtsfolge einer nicht ordnungsgemäßen Einreichung. Diesbezüglich bestand kein Ermessen der Antragsgegnerin.

Praxistipp

Bewerber und Bieter sollten penibel auf die Einhaltung der Vorgaben der ausschreibenden Stellen achten. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es den öffentlichen Auftraggebern unbenommen bleibt, auch strengere Anforderungen als die gesetzlichen Mindeststandards festzulegen. In einem solchen Fall gelten die strengeren Vorgaben des jeweiligen Auftraggebers. Hält ein Bieter sie für vergaberechtswidrig, sollte er es nicht darauf ankommen lassen, sondern rechtzeitig mit der Vergabestelle in Kontakt treten.