Wie viele Unterschriften muss ein Bieter leisten?

In einem Vergabeverfahren hat die Vergabestelle (nach dem Wortlaut der Vergabekammer) in einem Vergabeverfahren „suboptimale“ Vergabeunterlagen herausgegeben, die sich gegenseitig teilweise widersprachen. So war im Verfahren offensichtlich unklar, in welchem Dokument der Bieter Kreuze zu setzen und welche Dokumente er zu unterschreiben hat.

Schlussendlich hat der Bieter einzig und allein das Angebotsschreiben unterschrieben und im Anschreiben erklärt, dass die Unterschrift für sein Angebot insgesamt gelte. Darüber hinaus-gehende Unterschriften leistete er nicht. Die Vergabestelle war der Auffassung, das Angebot ausschließen zu müssen, da ihrer Meinung nach Unterschriften fehlten.

Da seine Rüge erfolglos war, stellte der Bieter einen Nachprüfungsantrag, der erfolgreich war. Die Vergabekammer Thüringen, die auch für die Nachprüfung nationaler Vergaben zuständig ist, stellte im Beschluss vom 12.09.2016, Az.250-4002-6681/2016-N-015-SOK fest: „Ein unterschriebenes Gesamt-Angebotsschreiben, das alle Angebotsbestandteile abgedeckt, ist rechtsverbindlich, auch wenn Unterschriften auf einzelnen Angebotsschreiben fehlen. “ Sie führt aus, dass eingereichte Angebote unterzeichnet sein müssen. „Die Bestimmung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 VOB/A bezieht sich auf die von den Bietern zu leistende Unterschrift / Unterzeichnung unter einem Angebot. Der Wortlaut dieser Vorschrift gebietet die Abforderung einer einzigen Unterschrift / Unterzeichnung unter einem Angebot durch den Bieter, die den Gesamtangebotsinhalt inklusive aller Erklärungen und Anlagen rechtsverbindlich wirksam werden lässt. Unabhängig davon erscheint es auch zweckmäßig, nur eine einzige Unterschrift und nicht mehrere Unterschriften an verschiedenen Stellen eines Angebots abzufordern, um zu verhindern, dass ein eventuell kostengünstiges Angebot allein wegen eines Formfehlers, hier wegen des Fehlens einer einzelnen Unterschrift, ausgeschlossen werden muss. Dass ein oder auch mehrere gemeinsam auftretende Auftraggeber mehrere Unterschriften unter einem Angebot abfordern können, ist weder dem Wortlaut noch dem Sinn dieser Vorschrift zu entnehmen.“

Fazit: Diese Entscheidung empfiehlt den ausschreibenden Stellen, die Unterlagen, die der Bieter als sein Angebot einreichen bzw. mit seinem Angebot zurücksenden soll, so zu gestalten, dass so wenig Unterschriften wie möglich geleistet werden sollten, um wegen des „Vergessens“ von Unterschriften, Angebotsausschlüsse aus formalen Gründen zu vermeiden. Insofern erscheint es als ausreichend, welchen Erklärungswillen der Bieter in seinem Anschreiben zum Ausdruck bringt. Darüber hinaus könnten notwendige Eigenerklärungen zu einer „Sammelerklärung“ zusammengefasst werden, so dass „nur“ noch diese eine (Sammel-) Erklärung vom Bieter zu unterschreiben ist. Es kann dadurch vermieden werden, dass der Bieter es vergisst, einzelne Eigenerklärungen zu unterschreiben oder mit dem Angebot einzureichen.

Robby Semmling, der Autor des Blogs, ist Rechtsanwalt und seit mehreren Jahren spezialisiert auf Themen rund um Vergabeverfahren. An dieser Stelle bloggt er regelmäßig zu Problemstellungen aus seinem Arbeitsalltag.