Eignungskriterien und die Bietersicht

Ein häufig unterschätzter Teil der Vergabeunterlagen sind die Eignungskriterien. Durch sie wird eine erste Auswahl im Vergabeverfahren getroffen. In § 122 Abs. 2 GWB sind die materiellen Anforderungen an die Eignung von Unternehmen im Vergabeverfahren definiert. Demnach ist ein Unternehmen geeignet, wenn es die durch den öffentlichen Auftraggeber im Einzelnen festgelegten Eignungskriterien erfüllt. Die möglichen zum Nachweis der Eignung vorzulegenden Unterlagen werden im § 46 VgV beispielhaft aufgezählt.

Alle Kriterien die der öffentliche Auftraggeber zur Eignung ausstellt, müssen sich folgenden drei Kategorien gemäß § 122 Abs. 2 GWB zuordnen lassen:

  1. Befähigung und Erlaubnis zur Berufsausübung,
  2. wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit,
  3. technische und berufliche Leistungsfähigkeit

Der Nachweis der Eignung und des Nichtvorliegens von Ausschlussgründen nach den §§ 123 und 124 kann ganz oder teilweise durch die Teilnahme an Präqualifizierungssystemen erbracht werden.

Eignungskriterien müssen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis stehen. Auftraggeber sollten immer bedenken, dass Eignungskriterien den Wettbewerb einschränken.

Die Eignungskriterien sind in der Auftragsbekanntmachung, der Vorinformation oder der Aufforderung zur Interessensbestätigung aufzuführen.

Bitte verwechseln Sie Eignungskriterien und Bewertungskriterien (Zuschlagskriterien) nicht! Die Eignungskriterien stellen fest, ob ein Unternehmen geeignet ist einen Auftrag auszuführen. Die Bewertungskriterien zeigen, wie gut das Angebot eines Unternehmens zum Auftrag passt. Auch können Ausschlusskriterien bestimmte Lösungsansätze genauer definieren. Wenn sie nicht erfüllt sind, dann muss das Angebot ausgeschlossen werden.

Es ist wichtig, dass die Eignungskriterien genau festgelegt werden. Das Kammergericht Berlin hat zum Beispiel mit Beschluss vom 25.04.2022 (Verg 02/22) beschlossen, dass Nachweise für die Eignungskriterien nur in der Form gefordert werden können, wie es sich aus der Ausschreibung nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 157 BGB) aus Sicht der angesprochenen Unternehmen entnehmen lässt. Es kommt also auf die objektive Bietersicht an.

Besonders wichtig ist dies bei der Forderung von Referenzen. In § 46 Abs. 3 Nr. 1 VgV ist keine Legaldefinition für Referenzen enthalten. Es wird nur auf den Inhalt dieser Bezug genommen. Wenn ein Auftraggeber die Anforderungen des § 46 Abs. 3 Nr. 1 erfüllt haben möchte, dann muss er dies ausdrücklich in den Vergabeunterlagen verlangen.

„§ 46 Technische und berufliche Leistungsfähigkeit

(…) (3) Als Beleg der erforderlichen technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit des Bewerbers oder Bieters kann der öffentliche Auftraggeber je nach Art, Verwendungszweck und Menge oder Umfang der zu erbringenden Liefer- oder Dienstleistungen ausschließlich die Vorlage von einer oder mehreren der folgenden Unterlagen verlangen:

  1. Geeignete Referenzen über früher ausgeführte Liefer- und Dienstleistungsaufträge in Form einer Liste der in den letzten höchstens drei Jahren erbrachten wesentlichen Liefer- oder Dienstleistungen mit Angabe des Werts, des Liefer- beziehungsweise Erbringungszeitpunkts sowie des öffentlichen oder privaten Empfängers; soweit erforderlich, um einen ausreichenden Wettbewerb sicherzustellen, kann der öffentliche Auftraggeber darauf hinweisen, dass er auch einschlägige Liefer- oder Dienstleistungen berücksichtigen wird, die mehr als drei Jahre zurückliegen, (…).“

Praxistipp:

Bei der Erstellung der Vergabeunterlagen sollte möglichst genau definiert werden, wann Eignungskriterien erfüllt sind. Wenn zum Beispiel nur „vergleichbare Auftraggeber“ angegeben wird, dann kann dies zu Auswertungsproblemen führen. Sind damit nur öffentliche oder auch private Auftraggeber gemeint?

Unternehmen sind gut beraten schnellstmöglich Aufklärungsfragen zu stellen. Auch lohnt es sich die aufgestellten Eignungskriterien zu hinterfragen. Manchmal sind missverständlich formuliert oder unbewusst zu hoch angesetzt.

Alles was Sie zum Thema Bieterfragen wissen müssen finden Sie hier: https://valora-consulting.com/bieterfragen-stellen-oder-nicht/

Dieser Beitrag wurde erstellt von unserer Vergabejuristin Frau Jutta Pertenais (Senior Consultant).