Generell wird bei Ausschreibungen die Eignung des Bieters sowie die rechnerische, technische und wirtschaftliche Richtigkeit des Angebots geprüft. Die Kriterien für die Eignungsprüfung sind die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit. Ziel ist es, eine Prognoseentscheidung darüber zu treffen, ob vom Bieter unter allen heranzuziehenden Gesichtspunkten eine einwandfreie und vertragsgemäße Auftragsdurchführung zu erwarten ist.
Wie verhält es sich mit dem Umstand, wenn der Bieter/Vertragspartner „ungefragt“ bzw. vom AG ungenehmigt weitere/andere Nachunternehmen einsetzt?
Einen solchen Fall hatte das LG Bremen mit Urteil vom 04.05.2016, Az. 1-O-610/14, zu entscheiden. Hier hat ein Auftragnehmer im Rahmen der Leistungserbringung vom AG nicht genehmigte Nachunternehmen eingesetzt. Das LG Bremen meint hierzu: „Gem. § 4 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B darf der Auftragnehmer Arbeiten nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung an Nachunternehmer vergeben, wenn sein Betrieb auf diese Arbeiten eingerichtet ist. Diese Pflicht ist eine vertragliche Nebenpflicht bei deren Verstoß Zweifel an der Zuverlässigkeit des Auftragnehmers begründet werden können, die bei künftigen Vergabeverfahren zu berücksichtigen sind.[…] Eingesetzte Nachunternehmer sind in diesem Zusammenhang Erfüllungsgehilfen des Auftragnehmers i. S. d. § 278 BGB. Ein Verschulden. der Nachunternehmer ist daher dem Auftragnehmer zuzurechnen […]. Somit fällt der Einsatz nicht genehmigter Nachunternehmer auch in den Zurechnungsbereich der Klägerin und ist als Verletzung von Vertragspflichten zu werten.“ Dies kann bei künftigen Vergabeverfahren, an denen sich dieser Auftragnehmer als Bieter beteiligt, dazu führen, dass auf Grund des Einsatzes nicht genehmigter Nachunternehmen in der Vergangenheit seine eigene Zuverlässigkeit verneint werden darf. Nach Ansicht des LG reicht dieser einmalige Verstoß hierzu aus.
Fazit: Eine gleichlautende Regelung findet sich in § 4 Nr. 4 VOL/B. Den ausschreibenden Stellen ist zu empfehlen, die Genehmigungspflicht für andere/weitere Nachunternehmer explizit noch einmal in den Vertrag, mindestens jedoch den Verweis auf die VOL/B aufzunehmen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass bei der Angebotserstellung die VOL/B vom Bieter nicht gelesen wird. Die Bieter tun gut daran, sich an diese Bestimmung zu halten, um bei künftigen Vergaben nicht als unzuverlässig und damit ungeeignet ausgeschlossen zu werden.
Robby Semmling, der Autor des Blogs, ist Rechtsanwalt und seit mehreren Jahren spezialisiert auf Themen rund um Vergabeverfahren. An dieser Stelle bloggt er regelmäßig zu Problemstellungen aus seinem Arbeitsalltag.