Das Vergaberecht bestimmt, dass die ausschreibenden Stellen die zu beschaffende Leistung so eindeutig und abschließend beschreiben müssen, dass sie jeder Bieter gleich verstehen muss und vergleichbare Angebote erwartet werden können.
Mit einer Ausschreibung, die in der Leistungsbeschreibung Begrifflichkeiten wie „kann“ oder „soll“ nutzte, musste sich die Vergabekammer des Bundes auseinandersetzen (VK Bund, Beschluss vom 13.04.2016 – VK 2-19/16). In der Ausschreibung wurden u. a. folgende Formulierung genutzt: „Die im Artikelverzeichnis formulierten Beschreibungen und Forderungen zu den einzelnen geforderten Produkten sind bindend. (…) Abweichungen führen grundsätzlich zum Ausschluss des Angebotes. “ zum Ausschluss des Angebotes.“ Und hier setzt die Vergabekammer an: „Die vorstehend zitierten Maßgaben sind widersprüchlich. Während aus dem Einleitungssatz aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers hinreichend deutlich hervorgeht, dass sämtliche produktbezogenen Vorgaben des Artikelverzeichnisses bindend bzw. zwingend sind, lässt die Formulierung „grundsätzlich“ im nachfolgenden Satz eine Auslegung zu, dass Abweichungen im Einzelfall seitens der AG zugelassen werden können. In der juristischen Fachsprache kommt der Formulierung „grundsätzlich“ die Bedeutung zu: in der Regel bzw. im Prinzip, d. h. es sind Ausnahmen möglich.“ Auch die Art der Leistungsbewertung war nach Auffassung der Vergabekammer nicht ausreichend transparent beschrieben. Insgesamt erweckt aus Sicht der Vergabekammer die Vergabeunterlage den Eindruck, dass Abweichung von den Vorgaben zulässig seien. So wurde an anderer Stelle formuliert, dass die Prüfung und Bewertung in Anlehnung an DIN 10969 erfolge. Diese Formulierung trifft insofern keine Aussage, wie die DIN angewendet werden soll. Diese Zweideutigkeit der Vergabeunterlage muss zu Lasten der ausschreibenden Stelle gehen. „Da etwaige Zweifel im Rahmen der Auslegung der Vergabeunterlagen zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers gehen, ist es der AG verwehrt, einen Ausschluss des Angebotes der ASt auf § 19 EG Abs. 3 lit. d) VOL/A zu stützen.“ Es wurde auch bemängelt, dass es nicht ausreichend ist, wie viele Punkte bei der Leistungsbewertung vergeben werden, wenn unklar ist, unter welchen Voraussetzungen welcher Punktwert erzielt werde. Insofern ist das Bewertungsschema intransparent und damit vergaberechtswidrig.
Fazit: Bitte achten Sie darauf, dass Ihre Formulierungen in den Vergabeunterlagen unmissverständlich und eindeutig sind. Vermeiden Sie zweideutige Begriffe. Definieren Sie möglichst eindeutig , wann Sie wie viele Punkte vergeben werden, definieren Sie also bitte Ihre Erwartungshaltung. So vermeiden Sie Bieterfragen und den Vorwurf der Intransparenz. Sie senken so das diesbezügliche Rügerisiko Ihres Vergabeverfahrens.
Robby Semmling, der Autor des Blogs, ist Rechtsanwalt und seit mehreren Jahren spezialisiert auf Themen rund um Vergabeverfahren. An dieser Stelle bloggt er regelmäßig zu Problemstellungen aus seinem Arbeitsalltag.