IT-Beschaffung: Abgrenzungsproblematik von Verträgen aus dem IT-Bereich

Im Bereich der IT-Beschaffungen bereitet die Auswahl des richtigen Vertragstyps oft Schwierigkeiten. Der folgende Beitrag befasst sich mit dieser Problematik, erläutert die einzelnen Vertragstypen und stellt Kriterien zur Abgrenzung von Verträgen im IT-Bereich dar.

 Zuordnung nach der Typologie

Derzeit existieren 10 Vertragstypen für den Bereich der IT-Beschaffungen. Die EVB-IT (Ergänzende Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen) werden auf der Internetseite des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik (www.cio.bund.de) zur Verfügung gestellt. Zu den gebräuchlichsten Vertragstypen zählen: Kaufvertrag, Mietvertrag, Dienstvertrag und Werkvertrag.

Maßgeblich für die Abgrenzung ist die gesetzliche Definition der einzelnen Vertragstypen nach BGB.

Kaufvertrag (§ 433 ff. BGB)
Gegenstand eines Kaufvertrages ist die Übereignung durch Übergabe beziehungsweise Lieferung einer Sache gegen Zahlung des Kaufpreises.

Mietvertrag (§ 535 ff. BGB)
Bei einem Mietvertrag überlässt der Vermieter dem Mieter unbefristet oder zeitlich befristet die Mietsache zum Gebrauch gegen Zahlung der vereinbarten Miete.

Dienstvertrag (§ 611 ff. BGB)
Gegenstand eines Dienstvertrages können Dienste jeder Art sein. Derjenige, welcher Dienste zusagt, ist gegen Gewährung der vereinbarten Vergütung zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet.

Werkvertrag (§ 631 ff. BGB)
Bei einem Werkvertrag ist der Auftragnehmer gegen die Entrichtung der vereinbarten Vergütung zur Herstellung des versprochenen Werkes verpflichtet. Dabei kann Gegenstand des Werkvertrages sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer herbeizuführender Erfolg sein.

Die Abgrenzung zwischen Kauf- und Mietvertrag ergibt in der Regel keine Schwierigkeiten. Sofern ein Kaufvertrag vorliegt, finden sich dazu als passende EVB-IT Vertragstypen der EVB-IT Kaufvertrag für Hardware, der EVB-IT Überlassungsvertrag Typ A für Software sowie der EVB-IT Systemlieferungsvertrag für IT-Systeme. Als Musterverträge für Mietverhältnisse stehen der noch abzulösende BVB-Mietvertrag sowie der EVB-IT Überlassungsvertrag Typ B für Software zur Verfügung. Dies verhält sich jedoch anders bei Dienst- und Werkverträgen.

Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag

Abgrenzungsschwierigkeiten bereiten dagegen Dienst- und Werkvertrag, wie beispielsweise bei der Beschaffung von Software mit Customizing- und Pflegeanteilen (Liefer- oder Dienstleistungsauftrag).
Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung ist nach der Rechtsprechung die Erfolgsverantwortung. Im Unterschied zu einem Werkvertrag trifft den Auftragnehmer bei einem Dienstvertrag keine Erfolgsverantwortung und den Auftraggeber demzufolge keine Abnahme der Leistung.
Bei einem Dienstvertrag schuldet der Auftragnehmer nur eine (reine) Tätigkeit, wohingegen bei einem Werkvertrag der konkrete Erfolg geschuldet wird. Da die Abnahme der Leistung ein prägendes Kriterium beim Werkvertrag ist, trifft den Auftragnehmer Pflicht zur Mängelhaftung innerhalb der vereinbarten Verjährungsfrist.

Beim Dienstvertrag haftet der Auftragnehmer nur für die Schlechtleistung. Die Tätigkeit des Auftragnehmers beim Dienstvertrag wird nach dem Aufwand vergütet, beim Werkvertrag – nach einem Festpreis.
Als Werkverträge werden EVB-IT Systemvertrag für die Erstellung von IT-Systemen aus einer oder mehreren Systemkomponenten und EVB-IT Erstellungsvertrag für die Erstellung von Individualsoftware oder zur Anpassung von Software auf Quellcodeebene beziehungsweise zu umfangreichem Customizing von Standardsoftware klassifiziert. Die Instandhaltungsleistungen (früher: Wartung) von Hardware werden in der Regel auch als Werkleistungen erbracht. Hier findet sich als passender EVB-Vertragstyp der EVB-IT Instandhaltungsvertrag.
Liegt nach der erfolgten Abgrenzung als Vertragstyp ein Dienstvertrag vor, so kann für die entsprechende Beschaffung der Vertragstyp EVB-IT Dienstleistung verwendet werden.
Für bestimmte IT-Leistungen wie z.B. agile Softwareentwicklung existiert derzeit kein im BGB definierter Vertragstyp und dementsprechend kein EVB-IT Vertragstyp. IT-Beschaffer müssen für solche Bedarfe individuelle Verträge erstellen. Als Basis können dafür unter Umständen die vorhandenen EVB-IT Vertragstypen dienen.

Praxistipp: Die Klärung des richtigen Vertragstyps sollte schon im Rahmen der Erstellung von Vergabeunterlagen erfolgen. Die falsche Zuordnung zu einem bestimmten Vertragstyp führt oft zu vertraglichen Risiken. Auf der Internetseite des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik ist eine gute Hilfestellung zu dem jeweiligen Vertragstyp zu finden. Es empfiehlt sich vor dem Ausfühlen der Verträge die AGB zu dem jeweiligen Vertragstyp zu lesen, da die Verträge an vielen Stellen Bezug auf deren Regelungen nehmen. Ohne Kenntnis dieser Regelungen ist das qualifizierte Ausfüllen der Verträge nicht möglich.