Nachhaltige Beschaffung und Wirtschaftlichkeit – (k)ein Widerspruch?

Umweltschutz in der Beschaffung ist keine Modeerscheinung. Schon 1981 beschäftigten sich Autoren mit dem Thema „Umweltschutz in der öffentlichen Vergabepolitik“. Während Bund, Länder und Kommunen seit 10 Jahren in der „Allianz für Nachhaltige Beschaffung“ arbeiten, gründete das Beschaffungsamt des Bundesministeriums des Innern 2012 eine „Kompetenzstelle für Nachhaltige Beschaffung“, damit auch die Umweltaspekte in künftigen Beschaffungen an Einfluss gewinnen. Lassen Sie uns gemeinsam das Themenfeld der umweltfreundlichen Beschaffung beleuchten.

Manche Änderungen sind außerordentlich wichtig und relevant – und dennoch gehen sie in unserer modernen Welt unter. Dazu gehört, dass Umweltschutz kein vergabefremder Aspekt mehr ist. Sie dürfen nachhaltig ausschreiben und haben dennoch kein Problem mit der Wirtschaftlichkeit. Dieser Aussage liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass ein niedriger Preis von Waren und Dienstleistungen häufig auch mit einer verkürzten Lebensdauer einhergeht.

Aus diesem Grund sollten die Lebenszykluskosten bei Ausschreibungen immer mitberücksichtigt werden. Mit Hilfe der Lebenszykluskostenrechnung lassen sich Produkte unter Berücksichtigung aller relevanten Kosten auf ihre Wirtschaftlichkeit hin vergleichen. Umweltfreundliche Produkte erweisen sich dabei in vielen Fällen – selbst bei höheren Anschaffungskosten – als die wirtschaftlichere Variante.

Die vergaberechtlich relevanten Rechtsgrundlagen wurden spätestens bei der letzten großen Vergaberechtsreform angepasst. Die Lebenszykluskosten sind fest integriert. Zudem wurde in den letzten Jahren die Möglichkeit zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen als „strategische Ziele“ in allen Phasen des Vergabeverfahrens deutlich gestärkt.

Die Berücksichtigung der Lebenszykluskosten im Rahmen der Angebotswertung ist zum Beispiel gemäß § 59 VgV zulässig. Die Berücksichtigung der Lebenszykluskosten wird zum Teil auch verbindlich vorgegeben. So müssen alle Bundesdienststellen bei der Beschaffung energieverbrauchsrelevanter Produkte und Dienstleistungen bei der Angebotswertung auch die Lebenszykluskosten berücksichtigen.

Bei energieverbrauchsrelevanten Produkten oberhalb der EU-Schwellenwerte, ist die Energieeffizienz als Zuschlagskriterium angemessen zu berücksichtigen gemäß § 67 Abs. 5 VgV. Gleiches gilt bei der Beschaffung von Straßenfahrzeugen gemäß § 68 Abs. 2, Ziff. 2 VgV.

Der minimale Aufwand nachhaltig zu beschaffen, kann zudem viele Vorteile mit sich bringen: die Positionierung als attraktiver Arbeitgeber; gute Werbung für den Auftraggeber, die Möglichkeit zum Ausschluss unliebsamer Auftragnehmer, eine Erhöhung der Akzeptanz sowie Wertschätzung durch Mitarbeiter und nicht zuletzt leisten Sie einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung des in Art. 20a Grundgesetz verankerten staatlichen Auftrages, die natürlichen Lebensgrundlagen auch in Verantwortung für die künftigen Generationen zu schützen!

Wir werden das Thema der nachhaltigen Beschaffung in unserem nächsten Beitrag erneut aufgreifen und näher auf die Ermittlung der Lebenszykluskosten eingehen.

Quellen: Handbuch für die umweltfreundliche Beschaffung (Ley/Altus/Wankmüller) August 2020 (rehm Verlag), Umweltbundesamt https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/umweltfreundliche-beschaffung/berechnung-der-lebenszykluskosten

Der Blogbeitrag wurde erstellt von unseren Mitarbeitern Jutta Pertenais (Rechtsanwältin), Sarah Erben (Consultant) und Jann Zepke (Consultant).