Technische Gründe für eine Gesamtvergabe

Grundsätzlich sind Leistungen losweise zu vergeben, es sei denn, dass wirtschaftliche oder technische Gründe dagegensprechen. Mit einer solchen Fragestellung hatte sich die UK Bund im Beschluss vom 20.12.2016, Az. VK 1-122/16, befasst.

Ein öffentlicher Auftraggeber schrieb einen Rahmenvertrag zur Beschaffung von IT-Infrastrukturkomponenten im Serverumfeld aus. In der Vergabeakte wurde offenkundig sehr ausführlich begründet, warum eine losweise Vergabe einzelner Komponenten nicht in Frage kommen kann. Gleichwohl hat ein Bieter dieses Vorgehen gerügt und bei der VK Bund den Nachprüfungsantrag gestellt. Sein Antrag wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Rein technisch sei die Losbildung im Verfahren möglich gewesen. Allerdings schließt sich die Kammer der Argumentation des Ag an: „Vielmehr benötigt die Ag ein funktionsfähiges Gesamtsystem bestehend u.a. aus Server- und Speichergeräten. Der konkrete Beschaffungsbedarf der Ag wird nur dann erfolgreich gedeckt, wenn nicht nur die einzelnen Komponenten Server und Speicher, sondern ihre IT-Infrastruktur insgesamt, die auf mehrere Standorte bundesweit verteilt ist, störungsfrei funktioniert. Eine vollständige und jederzeitige Interoperabilität der eingesetzten Gerätegruppen kann zwar kein Auftragnehmer garantieren, zumal der künftige Auftragnehmer keine Server und Speicher desselben Herstellers einsetzen muss. Die ist grundsätzlich fehler- und störanfälliger, als wenn die einzelnen Komponenten von demselben Hersteller stammen und daher zwangsläufig besser aufeinander abgestimmt sind. Die Gesamtvergabe von Speichern und Servern hat jedoch für die Ag den entscheidenden Vorteil, dass der Auftragnehmer die Interoperabiliät der einzelnen Komponenten Server und Speicher besser „steuern“ kann, indem er diese selbst auswählt und als funktionierendes Gesamtsystem an die Ag liefert. Auf diese Weise kann die Ag darüber hinaus die Server- und Speicherkomponenten gleichzeitig beschaffen, was nicht nur Zeit-, sondern auch erhebliche Preisvorteile mit sich bringt. Letztere werden durch die Erfahrungen der ASt selbst bestätigt, die aufgrund der hohen ausgeschriebenen Anforderungen an die Speicherkomponenten von deren (ihrer Meinung nach überteuerten) Einkauf bei dritten Herstellern abgesehen hat. Die von der Ag geltend gemachten Kompatibilitätsprobleme erscheinen auch dann plausibel, wenn – wie die ASt vorträgt – die betreffenden Geräte im Wesentlichen baugleich sein sollten und über genormte Schnittstellen und Protokolle verfügen. Denn auch gewisse Baugleichheiten, normierte Schnittstellen und Protokolle mögen zwar eine gewisse Gewähr für die Kompatibilität der einzelnen Systemklassen bieten, beinhalten aber dennoch das Risiko von Funktionsdefiziten mit der o.g. Folge der ggf. langwierigen und schwierigen Ermittlung von Fehlerursache und -beseitigung.“

Fazit: Eine genaue Prüfung und Dokumentation aller Aspekte die für oder gegen eine Losbildung sprechen, müssen sorgfältig geprüft, abgewogen und vor allem dokumentiert werden. Eine Gesamtvergabe ist trotz des Losbildungsgebotes nicht von vornherein unzulässig.

Robby Semmling, der Autor des Blogs, ist Rechtsanwalt und seit mehreren Jahren spezialisiert auf Themen rund um Vergabeverfahren. An dieser Stelle bloggt er regelmäßig zu Problemstellungen aus seinem Arbeitsalltag.